Das Hinweisgeberschutzgesetz setzt die sog. Whistleblower-Richtlinie der EU (2019/1937) in nationales Recht um. Der deutsche Gesetzgeber ist mit der Umsetzung seit 18.12.2021 in Verzug, weshalb die europäische Kommission bereits im Februar 2023 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet hat. Der Bundestag hatte eine erste Fassung des Gesetzes am 16.12.2022 beschlossen, die dann allerdings nach einigen Diskussionen durch den Vermittlungsausschuss ging.
Das Gesetz tritt am 02.07.2023 in Kraft.
Das Ziel des Gesetzes ist es, Personen, die Hinweise auf rechtlich relevantes Fehlverhalten natürlicher oder juristischer Personen geben, gegen Repressalien zu schützen. Geschützt wird dabei nicht nur die hinweisgebende Person, sondern auch alle unterstützenden Personen und Personen, die Gegenstand einer Meldung sind. Der Schutz vor Repressalien wird durch eine Beweislastumkehr zulasten von Arbeitgebern umgesetzt. Diese müssen künftig nachweisen, dass Maßnahmen gegen Arbeitnehmer nicht im Zusammenhang mit einer Aufdeckung von Missständen stehen.
Der Whistleblower hat dabei die Wahl, eine interne Meldung innerhalb seines Betriebs bei einer entsprechenden Meldestelle abzugeben, oder eine externe Meldung bei einer zentralen Meldestelle zu erstatten. Eine derartige zentrale Meldestelle ist bereits beim Bundeskartellamt eingerichtet. Das Bundesamt für Justiz wird pünktlich zum 02.07.2023 zentrale Meldekanäle auf seiner Webseite veröffentlichen.
Gesetzlich erfasst sind Verstöße gegen Strafvorschriften, gegen bußgeldbewehrte Vorschriften, die dem Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten dienen, sowie alle Verstöße gegen Rechtsnormen, die zur Umsetzung europäischer Regelungen erlassen wurden (Geldwäsche, Vergaberecht, Datenschutz etc.).
In der Praxis bedeutet dies, dass Unternehmen ihre Beschäftigten über den Umgang mit derartigen Hinweisen zu schulen haben. Außerdem haben Unternehmen ab 50 Mitarbeitenden eine entsprechende interne Meldestelle einzurichten, wobei Unternehmen zwischen 50 und 249 Mitarbeitenden alternativ eine gemeinsame Meldestelle mit anderen Unternehmen errichten können. Hat ein Unternehmen mehr als 250 Mitarbeitende, ist stets eine interne eigene Meldestelle einzurichten.
Diese interne Meldestelle ist nach deutscher Rechtslage nicht verpflichtet, die Möglichkeit anonymer Meldungen vorzuhalten. Sie ist jedoch verpflichtet, die Vertraulichkeit der Meldung zu wahren und insbesondere die Daten des Meldenden strikt zu schützen. Dies führt in der Praxis dazu, dass ein geschützter Kommunikationsbereich einzurichten ist, der in aller Regel über ein eigenes Kommunikationssystem laufen wird. Einigkeit besteht darüber, dass die Einrichtung einer schlichten Telefon-Durchwahl aus Gründen des Vertraulichkeits- und Datenschutzes nicht ausreichend ist.
Unternehmen haben die Vorgaben zur Einrichtung interner Meldestellen bis spätestens 17.12.2023 umzusetzen.
Es ist zu erwarten, dass der Landesgesetzgeber für Gemeinden und Gemeindeverbände eigene Vorschriften erlassen wird. Möglicherweise werden Gemeinden und Gemeindeverbände mit weniger als 10.000 Einwohnern von der Pflicht zur Einrichtung interner Meldestellen ausgenommen. Hier ist noch die aktuelle Entwicklung abzuwarten.
Wir beraten unsere Mandanten gerne zur Umsetzung der neuen gesetzlichen Regelungen.