Geschäftsführung in Zeiten von Corona

Seitz Weckbach Fackler & Partner

Auch wenn das COVInsAG einige Erleichterungen für Unternehmen und deren Geschäftsführer mit sich bringt, darf (und wird) sich ein Geschäftsführer in diesen Zeiten nicht zurücklehnen. Vielmehr ist zu beachten, dass die Insolvenzantragspflicht zwar unter Umständen ausgesetzt ist (s. unseren Beitrag „Corona und Insolvenz“), dessen ungeachtet jedoch die bestehenden Haftungstatbestände nicht aus dem Blick verloren werden dürfen. Insbesondere hat ein Geschäftsführer auch während der Corona-Krise mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu handeln und die sog. Business Judgement Rule zu beachten.

Grundsätzlich wurde die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht in § 2 COVInsAG durch einen Haftungsausschluss flankiert. Sofern also die Insolvenzantragspflicht tatsächlich ausgesetzt ist, gelten Zahlungen, die der Aufrechterhaltung oder Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs oder der Umsetzung eines Sanierungskonzepts dienen, als mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar. Hiervon umfasst sind z.B. Zahlungen an Lieferanten, Gehaltszahlungen, Lohnnebenkosten und gegebenenfalls sogar Investitionen, sofern diese für die Fortführung des Geschäftsbetriebs dienlich oder gar notwendig sind.

Eine erste Gefahr besteht allerdings bereits darin, dass eine Suspendierung der Insolvenzantragspflicht dann nicht besteht, wenn die Insolvenzreife entweder nicht auf den Folgen der COVID-19-Pandemie beruht und / oder keine Aussichten bestehen, eine vorliegende Zahlungsunfähigkeit bis zum Ende der Suspendierung zu beseitigen. Nachdem die Haftungsausschlüsse des § 2 COVInsAG unabdingbar von der Suspendierung iSv. § 1 COVInsAG abhängen, führt eine fortbestehende Insolvenzantragspflicht auch dazu, dass sämtliche Haftungsregelungen eingehalten werden müssen.

Doch selbst wenn die Voraussetzungen einer Suspendierung der Insolvenzantragspflicht und damit der Haftungserleichterungen vorliegen, ist bei bestimmten Handlungen Vorsicht geboten. Sofern die aktuelle Situation dazu führt, dass sich das Unternehmen in einer Schieflage befindet, so sollte es ein Geschäftsführer - soweit irgend möglich - unterlassen, Zahlungen an Gesellschafter oder verbundene Unternehmen vorzunehmen. Regelmäßig dienen diese nämlich nicht der Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs, sondern den monetären Partikularinteressen der Gesellschafter. Solche müssen in einer Krisensituation jedoch regelmäßig zurücktreten.

Befreit ist ein Geschäftsführer auch nicht von den Folgen leichtfertiger Bestellungen, die durch das Unternehmen nicht mehr bezahlt werden können. Bestellt ein Geschäftsführer während der Corona-Krise Waren oder Dienstleistungen, deren Gegenleistung er bei Fälligkeit in vorhersehbarer Weise nicht bezahlen kann, so haftet er unbeschränkt mit seinem persönlichen Vermögen (und macht sich eventuell sogar strafbar).

Sobald die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht endet, d.h. nach derzeitigem Stand zum 30.09.2020 (im Fall einer Verlängerung spätestens zum 31.03.2021), muss der Geschäftsführer spätestens prüfen, ob nunmehr ein Insolvenzgrund (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) vorliegt. Sollte dies er Fall sein, muss er umgehend einen Insolvenzantrag stellen. Dabei ist zu beachten, dass die vielzitierte „Drei-Wochen-Frist“ lediglich der maximale Zeitraum ist, innerhalb dessen der Antrag gestellt werden muss. Es handelt sich hierbei um keine „Schonfrist“, sondern um eine Prüffrist. Sobald feststeht, dass Insolvenzreife vorliegt, muss der Antrag unverzüglich gestellt werden (auch wenn z. B. erst drei Tage dieser Frist verstrichen sind).

Diese Stellung des Insolvenzantrags unmittelbar bei Insolvenzreife des Unternehmens sollte auch im ureigensten Interesse des Geschäftsführers erfolgen. Ab Eintritt der Insolvenzreife muss der Geschäftsführer beispielsweise (nahezu) jegliche Zahlungen unterlassen und umgekehrt dafür Sorge tragen, dass jeglicher Zahlungseingang auf einem debitorischen Konto (z.B. durch Umleitung von Zahlungen auf ein neues Konto) verhindert wird. Beachtet ein Geschäftsführer diese gesetzlichen Vorgaben nicht, können sämtliche Zahlungen, die ab Insolvenzreife durch das insolvente Unternehmen geleistet werden (resp. Zahlungseingänge die auf einem debitorischen Konten des Unternehmens eingehen) vom Geschäftsführer persönlich zurückgefordert werden, vgl. § 64 GmbHG.

Diese Haftung aus § 64 GmbHG wird im Übrigen auch regelmäßig nicht über eine D&O-Versicherung ausgeschlossen oder abgemildert. So argumentieren manche D&O Versicherungen, dass die Haftung des Geschäftsführers aus § 64 GmbHG nicht von der Versicherung gedeckt ist, da sich diesbezüglich keine explizite Regelung in den Verträgen findet. Die Versicherer berufen sich in diesem Zusammenhang auf ein Urteil des OLG Düsseldorf, welches diese Auffassung bestätigt. Nachdem bislang keine höchstrichterliche Rechtsprechung existiert, wäre es für einen Geschäftsführer im Eigeninteresse ratsam, die für ihn gegebenenfalls bestehende D&O- Versicherung daraufhin zu überprüfen, ob die Haftung nach § 64 GmbHG in den Vertrag einbezogen ist, und– sollte dies nicht der Fall sein - einen Nachtrag zum Versicherungsvertrag zu vereinbaren.

 

Autor: Dr. Sven Friedl

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